Jan Kubelík (*1880 - †1940)

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Jan Kubelík wird von Vielen als der erste Stargeiger der Moderne bezeichnet. Er war seit Paganini der erste Virtuose, der ein derart hohes Ansehen bei seinem Publikum genoss. Während seine anspruchsvollen Kritiker sein Können u.a. anhand seiner technischen Fertigkeiten beurteilten, interessierten sich die weiblichen Zuschauer nicht selten für sein Äußeres. Seine für ihn charakteristischen üppigen schwarzen Haare und sein unverwechselbares, makelloses Gesicht galten als seine Markenzeichen.

Nachdem Kubelík am 5. Juli 1880 als Sohn eines Gärtners und talentierten Freizeitgeigers in Michle bei Prag geboren wurde, machte er schon sehr früh durch sein Talent auf sich aufmerksam. Im Alter von fünf Jahren blühte sein Interesse für die Violine erst richtig auf. Bereits nach einem halben Jahr eifrigen Übens übertraf er seinen Vater und sorgte im Bekanntenkreis für Furore. Seine Ausbildung übernahmen anschließend Karel Weber und Karel Ondříček (damaliger Konzertmeister des Nationaltheaters Prag). Im Alter von acht Jahren debütierte Jan mit einem Vieuxtemps-Konzert und wurde vier Jahre später Mitglied des Prager Konservatoriums, wo er unter Otakar Ševčík studierte. Ševčík war einer der größten tschechischen Lehrer, der neben seinen hervorragenden pädagogischen Fähigkeiten, zum Leid vieler Studenten, deutliche tyrannische Zügen mitbrachte. Nachdem er mit Paganinis Konzert in d–Dur graduierte, begann seine Zusammenarbeit mit dem Manager Skrivan und dem scharfsinnigen Agenten Dunkl, welche seine Karriere von Budapest aus sorgfältig planten. Seinen ersten Auftritt im österreichischen Wien im Jahre 1898 sowie auch sein erstes hochwertiges Instrument verdankte er einem Mäzen namens Graf Brosche. Dies war der Beginn einer zehnjährigen Periode voller erfolgreicher Tourneen und vieler Auszeichnungen. Er konzertierte in Zagreb, Budapest und Rom, wo ihn der Papst mit einem Orden auszeichnete. In Paris und London war man so sehr von seinen künstlerischen Fähigkeiten angetan, dass man ihm kurzerhand zum „neuen Paganini“ erklärte. Analog dazu stand seine Ankunft in den USA unter dem Motto „Paganini revidius“. Seine erste Reise nach Großbritannien fand anlässlich eines Konzertes für die damalige Königin Victoria statt und bescherte ihm im Rahmen seines Aufenthalts die „Goldene Medaille“, welche ihm von der „Royal Philharmonic Society“ verliehen wurde. Sein zunehmender Bekanntheitsgrad sorgte dafür, dass gewiefte Industrielle versuchten, ihre Produkte als „used by Kubelík“ anzubieten und damit ihren Umsatz zu steigern. Zwei Jahre später, im Jahre 1903, heiratete der damals beste Geiger der Welt die Gräfin Marianne Czaky Szell in Budapest und bezog mit ihr das neue gemeinsame Domizil in Schlesien. Er verbrachte dort viel Zeit mit seiner rapide anwachsenden Familie, welche aus seiner Frau, fünf Töchtern (welche alle Geige spielten) und drei Söhnen bestand. Weitere Domizile in seiner Heimat Böhmen sollten folgen. Kubelík arbeitete weiterhin kontinuierlich mit einem hohen Maß an Ehrgeiz und Einsatzbereitschaft, das sich u.a. in seiner Vorbereitungszeit von bis zu zwölf Stunden am Tag und einer hohen Hemmschwelle für das Ertragen körperlicher Beschwerden wiederspiegelte.

In seinen jungen Jahren spielte er bevorzugt virtuose Werke und glänzte mit linkshändigen Pizzicati, brillantem Vibrato und einem besonderen Feingefühl für Harmonie und Oktaven. Er führte zahlreiche Meisterwerke der klassischen Musik auf und transkribierte einige von Ihnen eigenhändig. So ist seine Transkription von Fibichs „poem“ in Künstlerkreisen die bekannteste. Ebenfalls bekannt sind seine Kadenzen für viele Konzerte von Brahms, Paganini, Mozart, Viotti und Tartini. Josef Bohuslav Foerster widmete ihm sein Konzert in c-Moll, für welches Kubelík ebenfalls die Kadenzen schrieb.

Vor Beginn des ersten Weltkrieges begann Jan Kubelik die kontinuierlich hohe seiner Zahl seiner Auftritte zu verringern. Es mag zum Einen daran liegen, dass er sich aus physischen Gründen schonen musste und das Spiel daher weniger exzessiv betrieb. Zum Anderen hatte sich das Musikpublikum an seinen Star gewöhnt, und der Reiz des Neuen war damit in gewisser Weise verflogen. Es ist auch denkbar, dass er zunehmend sein Interesse an den virtuosen Werken von Bazzini, Paganini und anderen verlor, welche ihn gerade in Deutschland und den englischsprachigen Ländern berühmt machten.

Im Jahre 1915 zog Kubelík nach eigenen Angaben die Konsequenz aus dieser Situation und verkündete seinen Rücktritt aus dem Solistenmetier, um sich ganz der Komposition und seiner Familie zu widmen. Dies zog die Komposition von sechs Konzerten (vier davon veröffentlicht) und einigen kürzeren Werken nach sich. Es wurde jedoch weiträumig darüber spekuliert, ob nicht andere Gründe zumindest teilweise verantwortlich für seinen Rücktritt waren. So wurde lange Zeit behauptet, dass ein Ohrleiden seine Intonation beeinträchtigte.

Fünf Jahre nach seinem Rücktritt gab er unerwartet sein Comeback bekannt. Seine Auftritte sorgten nicht mehr für ganz soviel Aufmerksamkeit und Furore wie zuvor. Nichts desto trotz bereiste er z.B. Großbritannien zwischen 1900 und 1934 insgesamt zwanzig mal. Legendär war dabei sein Konzert in der „Royal Albert Hall“ in London, welche er 1926 mit 7000 Leuten füllte. Ähnlich verhielt es sich dabei auch mit seinem Auftritt im „Hippodrome“ in New York (welches immer noch als ein Wunder der Konstruktionskunst gilt), bei dem in seinem Comeback-Jahr 6000 Besucher in den Saal zu locken vermochte. Die Vereinigten Staaten bereiste er bis zum Jahre 1938 zehn Mal. Am fünften Dezember 1940 verstarb Jan Kubelík in Prag.

Kubelík besaß eine Reihe von meisterhaften Instrumenten. Neben einigen Violinen von Guarneri del Gesù spielte er zumeist auf Instrumenten von Antonio Stradivari. Die vielleicht beste und zugleich bekannteste Geige war die „Emperor“ aus dem Jahre 1715, welche heute zum elitären Kreis der weltbesten Instrumente gehört.